Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
ich möchte Sie auf folgende Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23.08.2012 zur Frage der Kostenerstattung für erbrachte Sozialleistungen bei Vorliegen einer Erbengemeinschaft hinweisen:
Die dortige Klägerin war neben 5 weiteren Geschwistern Miterben nach dem Tode ihres verstorbenen Vaters. Sie wurde von dem Sozialhilfeträger als Gesamtschuldnerin auf Erstattung der Kosten in Anspruch genommen, die der Sozialversicherungsträger für den verstorbenen Vater erbrachte.
Die Erbengemeinschaft wurde auseinandergesetzt, der Sozialhilfeträge forderte dann von der Klägerin im Wege der gesamtschuldnerischen Erbenhaftung Kostenerstattung. Hiergegen richtete sich die Klage.
Nachdem diese vor dem Sozialgericht und Landessozialgericht zunächst erfolglos blieb, hob das Bundessozialgericht die Bescheide des Sozialhilfeträgers auf und beanstandete, dass dieser bei der Frage, welcher der Erben und in welcher Höhe in Anspruch zu nehmen ist, ein Ermessen ausüben muss. Dieses hatte der Sozialhilfeträger unterlassen.
Das Bundessozialgericht führt dabei aus, dass grundsätzlich es bei der gesamtschuldnerischen Haftung eines jedes Erben für nicht vorab getilgte Nachlassverbindlichkeiten hafte.
Der Sozialhilfeträger habe aber nach Auffassung des Bundessozialgerichts § 92 c Abs. 3 BSHG nicht richtig angewandt. Individuelle Privilegierungen, insbesondere ob die Inanspruchnahme nach den Besonderheiten des Einzelfalls eine besondere Härte für den Miterben bedeutet, sind jedoch zu beachten. Es sei Sinn und Zweck der Regelung, die erforderlichen Ermessenserwägungen auszuüben.
Die alleinige Inanspruchnahme der Klägerin ohne vorherige Ermessensausübung sei ermessensfehlerhaft. Die gesamtschuldnerische Haftung nach § 92 c BSHG habe nicht nur seine Grenzen bei dem sogenannten Willkürverbot und einer offenbaren Unbilligkeit, sondern auch in Umständen, die die tatsächliche finanzielle Belastung des Miterben im Rahmen der Erbengemeinschaft betreffen. Beispielhaft nennt das Bundessozialgericht eine bereits erfolgte Verteilung des Erbes in Unkenntnis des Kostenerstattungsanspruchs, sowie einen eventuellen Verbrauch des ererbten Vermögens. Ferner sei die Anzahl der Erben, der Wert des Nachlasses und die Höhe des Kostenerstattungsanspruches sowie die Relation beider Werte (Wert des Nachlasses und Höhe der Kostenerstattung) zueinander im Verhältnis der Erbquote zu bringen.
Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen und besten Wünschen
Raymond A. Thompson
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht